Mercedes-Benz LA 710 KR

 
Der Hang zum LKW war schon eine ganze Weile vorhanden, nur: wohin mit dem Ding, zu gross, zu teuer...
Das wohin hatte sich zu dem Zeitpunkt geklärt, seit dem ich einen Hallenplatz habe. Zwar 60km weg von daheim, aber immerhin einen Hallenplatz.
Zu gross gibt es nicht, es gibt nur zu kleine Autos (Golf-Klasse und alles, was darunter ist)
Durch Zufall bin ich bei ebay auf den LKW gestossen. Am Wochende drauf ein Kurztrip ins Münchner Outback hat Klarheit über den Zustand geschaffen. Durch etwas Glück und unvorteilhafte Fotos in der Auktion konnte ich das Auto ein paar Tage später zum Einstandspreis erwerben.  
Die Überführung war ereignislos, was soll an einem LKW mit rund 120000km auf der Uhr auch kaputt sein. Unter konsequenter Umgehung der Autobahn war ich nach rund fünf Stunden daheim.
Den Sommer 2006 über habe ich am LKW nichts gemacht, ausser grössere Räder montiert und eine Scheibe im Koffer wieder eingebaut.
Von 7.50 - 20 habe ich umbereift auf 11.00 - 20, was neben der Drehzahlsenkung auf der Autobahn noch den netten Nebeneffekt der Einzelbereifung hinten mit sich bringt.
Dazu musste ich aus zwei schrottreifen Felgen Distanzringe anfertigen, weil die Radbolzen der Hinterachse auf Zwillingsbereifung ausgelegt sind.
Dann war ich mit dem Auto bei den Allradtagen und dem Schwarzwaldtreffen.  
 
Im Winter 2006/07 ging es dann los mit der Instandsetzung. Die grösste Baustelle ist zweifellos der Koffer, aber auch das Fahrerhaus sowie einige technische Komponenten werden Arbeit bereiten.
Wie's halt so ist, bremst der (doch recht milde) Winter die Aktivitäten etwas aus, speziell, wenn sie in einer ungeheizten Halle stattfinden sollen.
Neulich wurde im Allrad-LKW Forum nach Herstellern des Einheitskoffers gefragt. Das habe ich zum Anlass genommen. das Typenschild zu fotografieren.
Warum das im 1. Foto so komisch aussieht, erklärt sich im 2. Foto: drübergespachtelt! Wobei sich mir dir Frage aufdrängt: kann man einen Unfallschaden an so einer simplen Stelle (alles gerade, keine Wölbung, nix) nicht vernüftig reparieren?
Und kann eine Hilfsorganisation nicht ein wenig pfleglicher mit steuerfinanziertem Gerät umgehen?  
 
Um den Zustand des Koffers besser erkennen zu können, muss er logischerweise leer sein. Von Dezember 2006 bis Mitte Februar wurde der Koffer entkernt und von allen Verkleidungen und Einbauten befreit.
Das Ergebnis ist erwartungsgemäss mittelprächtig. An Stellen, wo Bleche doppelt und dreifach liegen, hat eine grosszügige Umwandlung von Fe -> Fe2O3 stattgefunden.
Andrerseits finden sich auch immer wieder Stellen, wo metallisch blanker Stahl zum Vorschein kommt.
 
 
Nun wird sich der eine oder andere fragen:"warum haut der Depp das Ding nicht in die Tonne und sucht einen besseren Koffer?"
Das hat mehrere Gründe, zum einen soll der Koffer höher werden. Im Scheitelpunkt der Dachwölbung kann ich gerade so stehen, am Rand muss ich den Kopf einziehen.
Bei einem besseren Koffer würde es mir schwerfallen, die Flex anzusetzen, um gutes Material zu zerschneiden.
Zum anderen möchte ich den LKW mit H-Kennzeichen zulassen, einen zeitgenössischen Koffer in gutem (und bezahlbarem) Zustand, der auch noch meinen Wünschen entspricht und wirklich besser ist zu finden, dürfte schwer werden.
Ausserdem will ich den Koffer selber bauen.
Beim Ausbau der Scheiben ist mir natürlich genau die einzige kaputtgegangen, die mir nicht egal war: die ohne Milchglas. Grrr.!
 
Weitere Baustellen der Zukunft: Luftkessel tauschen, der originale Zweikammerkessel ist in der hinteren Kammer durchgerostet, die vordere wird's auch nimmer lang machen.
Ersatz habe ich auch schon: eine komplette Luftkesseleinheit vom LN2, inclusive Lufttrockner, Druckregler und Vierkreisschutzventil. Leider kann ich die letzteren beiden Teile nicht verwenden, meine Luftanlage arbeitet mit 5,3bar.
Mal schauen, wie ich die neuen Kessel mit den alten Überströmventilen zusammenbekomme. Da werden wohl noch einige Meter Kunststoffleitung verbaut werden müssen.
 
 
Wieder ein Stück weiter - in den Radläufen des Koffers wurden 'Innenkotflügel' aus verzinktem Stahlblech angbracht. Wenn man jetzt noch die völlig verrotteten Originalradläufe rausgeschnitten hätte...
In diesem Bereich liess sich das Blech problemlos von Hand vom Rahmen abziehen.
 
 
Versuche haben gezeigt, dass es am Schnellsten geht, wenn man die Fläche der Beplankung mit der Flex rausschneidet und die Ränder danach abbaut. Das geht mit ein paar strategischen Schnitten, dem Hammer und Karrosseriemeissel recht flott und man erspart es sich, hunderte winziger Schweisspunkte aufzubohren. Ausserdem kann man dann die unversehrten grossen Blechteile noch zum Anfertigen kleinerer Reparaturbleche verwenden
Super sind die dünnen Trennscheiben mit 1mm Dicke - die gehen durchs Blech wie das bewusste heisse Messer durch die Butter - leider sind sie auch sehr schnell verbraucht.
Samstagnachmittag (17. 3.) war das Blech von den Seiten soweit runter, am Sonntag kommen die Türen raus und der linke Radlauf dran - dazu muss man allerdings zu zweit sein.
 
 
Sonntag abend, mein Bett ruft
Türen sind raus, die restlichen Bleche bis auf ein paar Quadratzentimeter auch. Die Halter für Schaufel, Spitzhacke und sonstiged Gedöns an der Rückwand weigerten sich beharrlich, den angestammten Platz zu verlassen. Die Schlitzschrauben mussten daher brutale Behandlung mit Hammer und Meissel über sich ergehen lassen
Unter dem sanitätsgrünem Linoleumboden fand sich edelstes Parkett, doch auch dieses muss weichen. Ich will nicht wirklich wissen, was in den 60er Jahren aufs Holz geschmiert worden ist, damits nicht gammelt.
Geplant ist eine Siebdruckplatte für den Boden.
Nebenbei haben wir auch endlich mal wieder die Baustelle aufgeräumt und ein paar Kilo Schrott entsorgt.
 
 
Auch am Radkasten finden sich leichte Korrossionsspuren. Deswegen werden beide unter nur geringer Zuhilfenahme der Flex zwanglos entsorgt.
Die Schrauben der Bodenbretter sind völlig unterschiedlich im Zustand. Teilweise neuwertig ist die Schraube daneben völlig verrottet. Teilweise sehen die Schraubenreste wie skurrile Kunstwerke aus.
 
Das noch brauchbare Blech der Radkästen dient einem höheren Zweck: es wird im Radlauf weiterleben.
 
Momentan wird ein Querträger nach dem anderen geflickt. Haben die Dinger oben Rostlöcher, sind sie innen neuwertig. Deswegem ist es einfacher, rostige Stellen rauszuschneiden und die Träger wieder zuzuschweissen, als ganze Träger zu ersetzen. Zumal ich die Träger kaufen müsste und das 4mm-Blech aus dem Schrottcontainer vom Nachbarn für lau bekomme. Trotzdem ist die viele Schleiferei ätzend. Immerhin: das Ergebnis kann sich sehen lassen.
 
Es gab ein paar Wochen keinen update - das lag nicht zuletzt daran, dass wir unsere Schrauberhalle umziehen mussten. Zwar nur ein Gebäude weiter und den Stapler vom Nachbarn bekamen wir auch, aber Aufwand und Stress ist es trotzdem. Und die Arbeit am LKW blieb liegen.
Mittlerweile sind die Vierkantrohre für den Kofferrahmen gekommen, es geht wieder vorwärts.
Beim Rostschutz und Lackaufbau (ja, auch an sowas muss man jetzt schon denken) habe ich mich für ein 2-Komponenten Produkt der Fa. Sika entschieden, die dem ein oder anderen als Hersteller von Karosseriekleber oder -dichtmasse ein Begriff sein dürfte.
 
 
Mit dem April kam der Sommer, es konnte die ganze Zeit in der Sonne vor der (neuen) Halle gearbeitet werden. Die länger werdneden Tage lassen draussen auch längere Aktionen zu.
 
 
Zum ersten Mai sollte der LKW soweit fahrfähig sein, dass wir zum Oldtimertreffen nach Münsingen fahren können - wir haben's geschafft, die Bilder vom Boden rausreissen sind vom Abend des 30. 4.
Am ersten Mai habe ich noch schnell eine Radabdeckung mit einer Sperrholztafel und einem Spanngurt improvisiert und ab gings zum Treffen.
 
Immer noch ist überflüssiger Ballast im Koffer, z. B. ein Vierkantrohr vorne quer, an dem früher Einbauten befestigt waren z. B. der Reserveradkasten oder der Raum für die Schwingfeuerheizung.
Dankenswerterweise habe ich von Freund Harry einen grossen Winkelschleifer (230mm-Scheibe) leihen können, der doch manche Blechreduktion erleichtert. Das Teil verlangte zwar erst nach einer Repapratur, aber danach waren die Bolzen, die zum kranen gedacht waren, kein Gegener mehr.
 
 
Momentan geht nix vorwärts, nur Kleinigkeiten sind passiert - der Kofferbodenrahmen ist fertig geschweisst und hat auch schon die erste Schicht Rostschutzgrundierung.
Immerhin war ich mit dem Kurzhauber auf dem Forumstreffen vom Allrad-LKW Forum. Dabei hat mich zum wiederholten Mal genervt, dass man nicht vernünftig wegfahren kann mit dem Auto und andererseits aber auch nicht vernünftig weiterbauen.
Dazu immer mühsam alles Geraffel wasserdicht verpacken, in eine Gitterbox stopfen, die dann mit der Ameise einladen und mit Gurten festzurren und auf dem Treffen erst noch ein Zelt aufbauen müssen...nee, nee...
Aber der Trend geht klar zum Zweitlaster - ein 1017A ist mir zugelaufen. Der wird jetzt erstmal gefahren bis der Kurzhauber fertig ist, dann wird der gemacht, dann dürfte der Kurzhauber wieder soweit sein, dann... ;-)